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Hochrangiger Besuch in Kiew: Wie Washington nach einem Weg zu Frieden und technologischer Partnerschaft sucht

3 Min. Lesezeit
Heeresminister Dan Driscoll
Heeresminister Dan Driscoll (oben) und Generalstabschef Randy George haben die ukrainischen Innovationen auf dem Schlachtfeld als Vorbild angeführt, dem die US-Rüstungsindustrie und das Pentagon bei der Entwicklung neuer Waffen folgen sollten. | Karl DeBlaker/AP über Politico

Nach Angaben von Politico stellt der unerwartete Besuch von US-Heeresminister Dan Driscoll und Generalstabschef Randy George in Kiew die bisher ranghöchste Präsenz der Regierung von Präsident Donald Trump in dem vom Krieg erschütterten Land seit Februar dar. Damals reiste Finanzminister Scott Bessent in die ukrainische Hauptstadt, doch die aktuelle Mission trägt einen deutlich strategischeren Charakter.

Friedensgespräche und ein neues Kooperationsformat

Driscoll und George kamen mit einem doppelten Auftrag nach Kiew: den politischen Ausweg aus dem Krieg zu beschleunigen und eine technologische Partnerschaft im Verteidigungssektor zu vertiefen. Laut dem Magazin sollen die US-Vertreter Treffen mit der ukrainischen Militärführung, Abgeordneten und Präsident Wolodymyr Selenskyj abhalten. Hauptziel ist es, den ins Stocken geratenen Friedensprozess wieder in Bewegung zu bringen – obwohl Moskau bisher sämtliche Vorschläge aus Washington und Kiew über eine Feuerpause ablehnte.

Der Besuch erfolgt vor dem Hintergrund einer verstärkten russischen Raketen- und Drohnenkampagne gegen ukrainische Städte. Allein am vergangenen Freitag feuerte Russland 430 Angriffsdrohnen und 18 Raketen auf Kiew ab, was die Dringlichkeit neuer Verteidigungsansätze und diplomatischer Initiativen unterstreicht.

Technologischer Austausch: Drohnen als Zukunft des Krieges

Nach Einschätzung von Politico gehört zu den zentralen Themen des Besuchs ein umfassendes Abkommen über den Austausch von Technologien für Drohnen und autonome Munition. In den vergangenen zwei Jahren hat sich die Ukraine zu einem weltweit führenden Akteur im Bereich unbemannter Systeme entwickelt – von weitreichenden Angriffsflugkörpern bis hin zu massenproduzierten FPV-Drohnen, von denen jährlich mehr als 1,5 Millionen Stück gefertigt werden.

Driscoll betonte mehrfach, dass die Fähigkeit der Ukraine, militärische Technik rasch anzupassen, als Vorbild für das Pentagon dienen sollte. Anfang dieses Monats erklärte er vor Journalisten, die Ukrainer akzeptierten „die aktuelle Version eines Systems nicht als endgültig“ und „bastelten improvisiert an allem, was notwendig ist“, um das gewünschte Ergebnis zu erreichen. Angespornt von diesem Ansatz hat sich die US-Armee das ehrgeizige Ziel gesetzt, innerhalb der nächsten zwei bis drei Jahre eine Million Drohnen zu beschaffen – eine Vorgabe, die die derzeitigen Kapazitäten der amerikanischen Rüstungsindustrie deutlich übersteigt.

General George ergänzte, dass das ukrainische Modell der schnellen Integration neuer Technologien zum Vorbild für amerikanische Programme der beschleunigten Erprobung und Auslieferung von Waffensystemen geworden sei.

Politische Spannungen in Washington und ein Wandel der Rhetorik

Die Entscheidung, ausgerechnet Driscoll nach Kiew zu entsenden, kam überraschend: Der Heeresminister galt bisher nicht als zentrale Figur der Ukraine-Politik. Doch Politico berichtet, dass sein Einfluss im Pentagon wächst und er als enger Verbündeter von Vizepräsident JD Vance gilt, mit dem er an der Yale Law School studierte.

Der Kontrast zu Verteidigungsminister Pete Hegseth ist deutlich. Zwar reiste Hegseth mehrfach nach Europa, doch er hat Kiew nie besucht und versuchte sogar zeitweise, Waffenlieferungen an die Ukraine zu stoppen – ein Schritt, der später vom Weißen Haus rückgängig gemacht wurde.

Die amerikanisch-ukrainischen Beziehungen standen noch vor wenigen Monaten unter erheblicher Spannung, nachdem es im Oval Office zu einem lautstarken Schlagabtausch zwischen Selenskyj, Präsident Donald Trump und Vance gekommen war. Vance warf dem ukrainischen Präsidenten mangelnde Dankbarkeit für die milliardenschwere Militärhilfe vor, während Selenskyj und Trump kontrovers über die strategische Ausrichtung des Krieges diskutierten.

Diese Auseinandersetzung, zusammen mit Vances scharfem Auftritt auf der Münchner Sicherheitskonferenz und Hegseths Forderung an die NATO-Verbündeten, ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen, ließ befürchten, dass Washington seinen Kurs gegenüber der Ukraine ändern könnte. Doch wie Politico berichtet, milderte das Weiße Haus später seinen Ton: Trump zeigte sich kooperativer gegenüber Selenskyj, bekräftigte seine Unterstützung für die NATO und versuchte – erfolglos – diplomatische Signale nach Moskau zu senden.

Warum der Besuch jetzt entscheidend ist

Der Besuch von Driscoll und George symbolisiert eine erneute Festigung der strategischen Zusammenarbeit zwischen den USA und der Ukraine. Er verdeutlicht:

  • Washingtons Absicht, durch technologische Stärkung Kiews Druck auf Moskau auszuüben,
  • den Versuch, die Friedensgespräche trotz russischer Ablehnung wiederzubeleben,
  • das wachsende internationale Interesse an den militärischen Innovationen der Ukraine als Schlüssel zum zukünftigen Gefechtsfeld,
  • das Bestreben der US-Regierung, nach Monaten politischer Spannungen das Verhältnis zu Kiew zu stabilisieren.

Nach Ansicht von Politico wäre es noch vor wenigen Monaten undenkbar gewesen, dass hochrangige Vertreter der US-Armee nach Kiew reisen, um über die Entwicklung von Waffentechnik und strategische Partnerschaften zu sprechen. Heute jedoch gilt dieser Schritt als Teil einer neuen amerikanischen Strategie: eine Kombination aus diplomatischem Druck, technologischer Integration und demonstrativer Unterstützung der Ukraine.

Angesichts der anhaltenden russischen Angriffe und der ungewissen diplomatischen Perspektiven könnte der Besuch zu einem Wendepunkt in der US-Politik werden, der die künftigen NATO-Debatten und die Dynamik im westlichen Bündnis maßgeblich beeinflusst.


Dieser Artikel wurde auf Grundlage von bei Politico veröffentlichten Informationen erstellt. Der vorliegende Text stellt eine eigenständige Bearbeitung und Interpretation dar und erhebt keinen Anspruch auf die Urheberschaft der ursprünglichen Inhalte.

Das Originalmaterial ist unter folgendem Link einsehbar: Politico.
Alle Rechte an den ursprünglichen Texten liegen bei Politico.

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