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Lange Wartezeit im Kreml: Wie Putin den Ton für die Gespräche mit den Amerikanern vorgab

4 Min. Lesezeit
Putin
Russischer Machthaber Putin (am Dienstag in Moskau): »Wenn Europa kämpfen will und anfängt, dann sind wir dazu sofort bereit« Foto: Sergei Ilnitsky / AP via Der Spiegel

Die US-Delegation trifft ein – doch ein Treffen findet nicht statt

Der Besuch von Steve Witkoff und Jared Kushner in Moskau begann mit einer demonstrativen Verzögerung. Der Privatjet der beiden bekannten amerikanischen Geschäftsleute landete bereits am frühen Tag auf dem Flughafen Wnukowo-2, doch die Gespräche mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin waren erst für den späten Abend angesetzt. Die amerikanischen Emissäre – Vertreter von Präsident Donald Trump – mussten all diese Stunden warten, während der russische Staatschef anderen öffentlichen Terminen nachging.

Nach Ansicht von Der Spiegel war diese Verzögerung kein Zufall, sondern Teil einer diplomatischen Taktik: „Putin zeigte sofort, wer das Tempo der Verhandlungen bestimmt, indem er die Amerikaner stundenlang auf ihre Einladung in den Kreml warten ließ.“

Während Putin auf einem Forum spricht, spazieren die Emissäre durch Moskau

Kreml-Unterhändler Kirill Dmitrijew, Leiter des Russischen Direktinvestitionsfonds, überbrückte die Wartezeit, indem er die Besucher durch das Moskauer Stadtzentrum führte und ihnen die festlichen Neujahrsdekorationen zeigte. Staatliche Fernsehsender zeigten Bilder, auf denen Witkoff und Kushner ruhig über den weihnachtlich geschmückten Roten Platz spazieren.

Unterdessen sprach Putin auf einem Bankenforum und verdeutlichte damit, dass er wichtigere Prioritäten habe als die Ankunft der amerikanischen Delegation. Diese Geste wurde zum ersten Baustein des Tons, den der Kreml für den gesamten Verhandlungsprozess setzen wollte.

Trump hofft auf einen „Deal“, während Europa alarmiert reagiert

Vor dem Besuch äußerte Präsident Donald Trump seine Zuversicht, dass „eine gute Chance“ bestehe, eine Vereinbarung mit Moskau zu erreichen. Der neue amerikanische Friedensvorschlag – ein 28-Punkte-Plan – sollte die Grundlage der Gespräche bilden.

Doch die Reaktion in Kiew und den europäischen Hauptstädten fiel gänzlich anders aus als der Optimismus in Washington. Ukrainische Beamte befürchteten, die USA könnten die Ukraine zu einem für Moskau vorteilhaften Kompromiss drängen. Europäische Regierungschefs koordinierten in Eile ihre Positionen mit Präsident Wolodymyr Selenskyj, um potenziellen Druck auf Kiew zu verhindern.

Die Gespräche beginnen um 19:47 – und erst dann

Erst um 19:47 Uhr Moskauer Zeit öffneten sich schließlich die Türen eines Kreml-Saales für die amerikanischen Besucher. Wie üblich begann das Treffen mit einem kurzen Austausch von Höflichkeitsfloskeln vor laufenden Kameras.

„Wir hatten einen wunderbaren Spaziergang, eine erstaunliche Stadt“, sagte Witkoff. Putin erwiderte, dass „die Moskauer Behörden allen Grund hätten, stolz auf die Entwicklung der Hauptstadt zu sein“.

Danach wurde die Presse hinausgebeten – und die eigentlichen Gespräche begannen hinter verschlossenen Türen.

Fünf Stunden ohne Durchbruch

Die Beratungen dauerten mehr als fünf Stunden – weit nach Mitternacht. Doch das Ergebnis war vorhersehbar: Ein großer Durchbruch wurde nicht erzielt.

Putins Berater Juri Uschakow erklärte:
„Es gibt keine Kompromissversion. Einige Vorschläge sind nützlich, andere inakzeptabel. Es liegt noch viel Arbeit vor uns.“

Laut russischen Medien übergab die US-Delegation mehrere zusätzliche Dokumente neben dem Hauptplan. Beide Seiten einigten sich jedoch darauf, keine Inhalte der Gespräche offenzulegen.

Nach dem Treffen begab sich Witkoff zur US-Botschaft – vermutlich, um Präsident Trump zu berichten.

Putin nutzt erneut die Taktik des Wartens

Das deutsche Magazin betonte, dass Putin „den Westen erneut in Unsicherheit zurücklässt“. Nach Ansicht von Der Spiegel bevorzuge der russische Präsident, „Bewegung ohne echte Bewegung zu erzeugen“ – Gespräche einzuberufen, Bereitschaft zu signalisieren, aber keine substanziellen Zusagen zu machen.

Schon vor den Verhandlungen erklärte Putin auf einer Pressekonferenz, dass Europa, nicht Moskau, den Friedensprozess behindere. Er behauptete, Russland führe in der Ukraine eine „chirurgische Operation“ durch – „keinen Krieg“ – und fügte hinzu, Moskau sei bereit, gegen Europa zu kämpfen, falls „Europa angreift“. Seine eigenen wiederholten nuklearen Drohungen erwähnte er nicht.

Signale von der Front: Russland erhöht den Druck

Am Vorabend der Gespräche veröffentlichte der Kreml ein Video, in dem Putin in Militäruniform sitzt und sich Berichte über Fortschritte an der Frontlinie anhört. Putin erklärte, der Druck auf ukrainische Positionen sei verstärkt worden – ein Signal, das kaum zu einer Friedensgeste passt.

Die amerikanische Seite zeigte jedoch weiterhin vorsichtigen Optimismus. Einen Tag zuvor hatten sich Witkoff, Kushner und Außenminister Marco Rubio mit einer ukrainischen Delegation in einem Luxus-Golfclub bei Miami getroffen, der Witkoff gehört, um Details des Friedensvorschlags zu besprechen.

Ungewöhnliche Diplomatie: Geschäftslogik statt diplomatischer Kanäle

Die Rolle von Witkoff und Kushner löste Diskussionen aus. Normalerweise führen Diplomaten Gespräche dieser Größenordnung, doch Trump übertrug die Mission zwei Personen, die kürzlich an der Vermittlung eines Übergangsabkommens zwischen Israel und Gaza beteiligt waren.

„Wenn wir das Russland-Ukraine-Problem lösen können, springen alle vor Freude in die Luft“, sagte Witkoff in einem von russischer Seite abgefangenen Telefonat.

Währenddessen berichtete das Wall Street Journal, dass mehrere US-Unternehmen diskret ausloteten, ob ein Wiedereinstieg in den russischen Markt möglich sei. Der Kreml habe eine Strategie vorbereitet, Russland „nicht als militärische Bedrohung, sondern als Land voller Geschäftsmöglichkeiten“ darzustellen.

Kirill Dmitrijew spielte dabei eine Schlüsselrolle, indem er die amerikanische Delegation begleitete und an den Gesprächen teilnahm.

Geschäfte als „Schutzschild gegen Konflikte“? Europa bleibt skeptisch

Witkoff erklärte, Russland, die Ukraine und die USA könnten Wirtschaftspartner werden:
„Wenn alle Wohlstand genießen, wird das natürlich ein Bollwerk gegen zukünftige Konflikte sein.“

Europäische Regierungschefs reagierten äußerst kritisch. Der polnische Premierminister Donald Tusk sagte:

„Wir wissen, dass es nicht um Frieden geht. Es geht ums Geschäft.“

Der sechste Versuch – und erneut ohne Ergebnis

Witkoff war bereits fünfmal in diesem Jahr für stundenlange Gespräche mit Putin nach Moskau geflogen. Der sechste Besuch brachte dasselbe Resultat – keinen Fortschritt.

Nach Ansicht von Der Spiegel lassen sich zwei Schlussfolgerungen ziehen:

  1. Putin spielt weiter auf Zeit und zeigt, dass der Kreml das Tempo bestimmt.
  2. Russland versucht, die Beziehungen zu den USA zu verbessern, ohne seine Position in der Ukraine zu ändern.

Putin selbst erklärte kürzlich, dass „Zeit nötig sei, um bestimmte Dinge ernsthaft zu diskutieren“ und „Vorschläge in diplomatische Sprache zu übersetzen“.

Diese Formulierung lässt wenig Raum für Hoffnung: Ein schneller Frieden ist nicht in Sicht.


Dieser Artikel wurde auf Grundlage von bei Der Spiegel veröffentlichten Informationen erstellt. Der vorliegende Text stellt eine eigenständige Bearbeitung und Interpretation dar und erhebt keinen Anspruch auf die Urheberschaft der ursprünglichen Inhalte.

Das Originalmaterial ist unter folgendem Link einsehbar: Der Spiegel.
Alle Rechte an den ursprünglichen Texten liegen bei Der Spiegel.

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