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Verlangsamung unter Druck: Die russische Wirtschaft kämpft unter Sanktionen und hoher Inflation

2 Min. Lesezeit
at the ATM
Alexey Malgavko/File Photo/Reuters via Semafor

Die Zentralbank Russlands hat ihre Wachstumsprognose für die Wirtschaft nach unten korrigiert und gleichzeitig den Leitzins gesenkt – ein weiteres deutliches Zeichen für die Schwächung einer Wirtschaft, die durch Krieg und internationale Sanktionen erschöpft ist.

Was geschieht derzeit

Die Zentralbank hat ihre Erwartungen für das BIP gesenkt und festgestellt, dass die russische Wirtschaft, die bereits durch Sanktionen und Kriegsausgaben belastet ist, mit neuen inneren und äußeren Herausforderungen konfrontiert wird.

Entgegen der üblichen Logik der Inflationsbekämpfung – bei der höhere Zinssätze dazu dienen, den Preisanstieg zu bremsen – hat sich die Notenbank für den entgegengesetzten Weg entschieden: Sie senkt die Zinsen, um Kredite billiger zu machen. Dieser Schritt zeigt, dass die Regierung bereit ist, eine höhere Inflation in Kauf zu nehmen, um die Produktion zu stimulieren.

Moskau benötigt eine hohe Industrieproduktion, vor allem um die kriegsbedingte Wirtschaft und die Rüstungsproduktion aufrechtzuerhalten. Daher haben die Unterstützung der Industrie und die Förderung der Produktion derzeit Vorrang vor der Eindämmung der Inflation.

Gleichzeitig verschärfen Sanktionen und ukrainische Angriffe auf russische Ölraffinerien die Lage der Unternehmen, verringern die Staatseinnahmen und erhöhen die Kosten.

Russland ist weitgehend von den globalen Finanzmärkten abgeschnitten. Das Land verfügt über beträchtliche Yuan-Reserven – Erlöse aus Ölexporten nach China – kann diese jedoch nicht frei verwenden. Um westliche Beschränkungen zu umgehen, plant Moskau die Ausgabe von in Yuan denominierten Anleihen als alternative Finanzierungsquelle.

Warum das wichtig ist

Eine Zinssenkung bei gleichzeitig hoher Inflation ist ein ungewöhnlicher und riskanter Schritt. Günstigere Kredite können den Preisdruck weiter verstärken, doch die Regierung scheint die Aufrechterhaltung der Industrieproduktion und der Beschäftigung für wichtiger zu halten.

Sanktionen und Schäden an der Ölinfrastruktur bedeuten, dass eine der wichtigsten Devisenquellen – der Export von Öl und Raffinerieprodukten – gefährdet ist. Das schränkt die finanziellen Spielräume des Staates ein und erhöht den Druck auf das Finanzsystem.

Der Plan, Anleihen in Yuan auszugeben, zeigt, wie stark sich die Struktur des russischen Finanzsystems unter dem Druck der Sanktionen verändert hat. Russland baut alternative Wege zur Kapitalbeschaffung auf und orientiert sich zunehmend an den asiatischen Märkten.

All dies schafft eine gefährliche Kombination: ein verlangsamtes Wachstum bei gleichzeitig hoher Inflation – die klassischen Merkmale einer Stagflation, wenn die Wirtschaft stagniert, während die Preise weiter steigen.

Was zu erwarten ist

Das BIP-Wachstum, das im vergangenen Jahr fast 4 % erreichte, wird sich voraussichtlich in den kommenden Monaten abschwächen. Die Inflation dürfte hingegen hoch bleiben, da günstige Kredite die Nachfrage ankurbeln und den Preisdruck verstärken.

Die Zentralbank wird gezwungen sein, zwischen der Unterstützung der Wirtschaft und der Kontrolle der Inflation zu balancieren. Eine deutliche Straffung der Geldpolitik ist kurzfristig eher unwahrscheinlich.

Zusätzliche Sanktionen oder eine Eskalation des Konflikts könnten den Abschwung beschleunigen. Sollte die Ölproduktion und der Export erneut beeinträchtigt werden, würden der Staatshaushalt und die Industrie noch stärker unter Druck geraten.


Die russische Wirtschaft befindet sich in einer Phase, die man als „Kriegsmüdigkeit“ bezeichnen könnte. Die Kombination aus äußerem Druck, technologischen Einschränkungen und wachsenden inneren – insbesondere militärischen – Bedürfnissen zwingt die Regierung zu unkonventionellen und riskanten Entscheidungen.

Anstelle klassischer Maßnahmen zur Inflationsbekämpfung setzt man auf Kompromisslösungen, die die Produktion stützen sollen. Doch diese Strategie macht das System anfällig: Die Industrieproduktion hält sich, die Inflation steigt weiter, die Reserven sind begrenzt, und die Finanzströme umgehen zunehmend die westlichen Märkte.

Nach Einschätzung von Semafor bestätigt die Entscheidung der Zentralbank, sowohl die Wachstumsprognose als auch den Leitzins zu senken, eines ganz klar: Die russische Wirtschaft schwächt sich weiter ab – unter der Last von Krieg, Sanktionen und steigender Inflation.


Dieser Artikel wurde auf Grundlage von bei Semafor veröffentlichten Informationen erstellt. Der vorliegende Text stellt eine eigenständige Bearbeitung und Interpretation dar und erhebt keinen Anspruch auf die Urheberschaft der ursprünglichen Inhalte.

Das Originalmaterial ist unter folgendem Link einsehbar: Semafor.
Alle Rechte an den ursprünglichen Texten liegen bei Semafor.

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