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Das Euro-LNG-Paradox: Wie russische LNG-Lieferungen den Moskauer Haushalt um 8,10 Mrd. € aufgestockt haben – und warum die EU die „Gasfalle“ schnell schließen will

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Anis Belghoul - Copyright AP Photo via Euronews

Europäische Importe von russischem verflüssigtem Erdgas (LNG) generierten in den Jahren 2022–2024 rund 8,10 Mrd. € an Steuereinnahmen für den Kreml. Diese Schätzung, die Euronews unter Berufung auf neue Recherchen von Greenpeace zitiert, bewertet die Rentabilität von Yamal LNG und dessen Steuerfußabdruck für den russischen Staatshaushalt.

Das Wesentliche: LNG-Importe steigen, Verträge sind lang, und das Geld ist real

Nach dem großangelegten Einmarsch Russlands drehte die EU den Hahn für Pipelinegas zu, doch die seeseitigen LNG-Ströme erwiesen sich als widerstandsfähiger: Allein im ersten Halbjahr 2025 erreichten die EU-Importe von russischem LNG 12,8 Mrd. m³, 67 % mehr als vor vier Jahren. Hauptnutznießer auf Exportseite — Yamal LNG — leistete Greenpeace zufolge 9,5 Mrd. $ an Gewinnsteuern in den Jahren 2022–2024.

Der Bericht übersetzt diese Summen in militärische Äquivalente: Mit solchen Einnahmen könnte Russland bis zu 9,4 Mio. 152-mm-Artilleriegeschosse (etwa drei Jahre beim aktuellen Ausstoß von 3 Mio. pro Jahr), rund 270.000 Angriffs-Drohnen vom Typ Shahed oder 2.658 Panzer beschaffen. Das ist ein drastisches Maß für den realen „Preis“ europäischer LNG-Einkäufe im Kriegskontext.

Wer kaufte — und zu welchen Vertragsbedingungen

Zwischen 2022 und 2024 erwirtschaftete Yamal LNG schätzungsweise 40 Mrd. $ — auf Basis langfristiger Verträge mit europäischen Unternehmen wie TotalEnergies, Engie, Shell, Naturgy, SEFE u. a. Einige dieser Vereinbarungen laufen bis 2038–2041 und zementieren Lieferungen auf Jahrzehnte. Greenpeace argumentiert, allein diese Deals hätten Milliarden an Steuererträgen für Russland ermöglicht.

Die Landkarte der Importe sah so aus: Hauptabnehmer russischen LNG waren Frankreich, Deutschland, die Niederlande, Spanien, die Schweiz und das Vereinigte Königreich. Der größte EU-Umschlag- und Anlandehub war der belgische Hafen Zeebrugge, über den ein beträchtlicher Anteil der europäischen Volumina russischen LNG floss; im ersten Halbjahr 2025 wurden dort rund 3,3 Mrd. m³ abgefertigt — auf Kurs, den Rekord von 2023 (6,1 Mrd. m³) zu übertreffen.

Was geschieht mit den Verträgen: EU-Plan und Prozessrisiko

Brüssel hat den Kurs auf ein Ende der Importe von russischem Gas — einschließlich LNG — bis Ende 2027 gesetzt. An der juristischen Architektur eines stufenweisen Verbots — von der Blockade neuer Deals bis zur Beendigung langfristiger — wird zwischen EU-Institutionen und Mitgliedstaaten gearbeitet. Zahlreiche Take-or-Pay- und andere strenge Klauseln in bestehenden Verträgen bergen jedoch die Gefahr von Gerichtsverfahren zwischen russischen Lieferanten und europäischen Gegenparteien — ein Risiko, auf das Branchenjuristen und Regulierer hinweisen.

„Doppelte Abhängigkeit“: von Zeebrugge bis zu den USA

Selbst während russische Ströme gekappt werden, fährt Europa die LNG-Einfuhren aus den USA rasch hoch. Greenpeace schätzt, dass im ersten Halbjahr 2025 52,7 Mrd. m³ US-LNG in die EU gelangten — mit Aussicht auf ein neues Jahreshoch. Zugleich spielt die politische Dimension eine große Rolle: Die Europäische Kommission und das Weiße Haus schlossen ein Abkommen, das eine Verpflichtung der EU umfasst, jährlich rund 213 Mrd. € an US-Energieprodukten zu erwerben — einschließlich LNG. Das Resultat ist eine Struktur des „Molekül-Ersatzes“: Der Ausstieg aus russischem Pipelinegas wird in eine tiefe Bindung an langlaufende US-LNG-Verträge übersetzt.

„Um der LNG-Falle zu entkommen und die Unabhängigkeit von Trump und Putin zu erhöhen, muss Europa die Nutzung fossilen Gases rasch beenden und vollständig auf ein Energiesystem umsteigen, das auf heimischen erneuerbaren Quellen basiert“, heißt es im Greenpeace-Bericht.

Unternehmensdetails (Greenpeace-Schätzungen, Gewinnsteuer Yamal LNG, 2022–2024)

  • TotalEnergies (Frankreich) — ca. 2,5 Mrd. $; Vertrag bis 2041.
  • SEFE (Deutschland) — ca. 1,45 Mrd. $; Vertrag bis 2038.
  • Naturgy (Spanien) — ca. 1,25 Mrd. $; Vertrag bis 2038.
  • Engie (Frankreich) — ca. 0,5 Mrd. $; Vertrag bis 2041.
  • Shell (Vereinigtes Königreich/Niederlande) — ca. 0,45 Mrd. $; Vertrag bis 2041.
  • Gunvor (Schweiz) — ca. 0,25 Mrd. $; Vertrag bis 2038.

Warum Zeebrugge ein Symbol der Epoche ist

EU-Sanktionen beschränken den Umschlag russischen LNG in EU-Häfen, doch die Logistik passte sich an: Über Zeebrugge und andere Hubs gelangten die Frachtmengen weiterhin auf den europäischen Markt (und teilweise weiter nach Asien) — und konterkarierten damit das Ziel, Russlands Zugang zur EU-Infrastruktur vollständig zu begrenzen. Deshalb steht das belgische Terminal sinnbildlich für eine „doppelte Abhängigkeit“: Die EU weitet US-LNG-Importe aus, während sie gleichzeitig weiterhin russisches LNG empfängt — wenn auch über sich wandelnde Routen.

Kontext: Geld, Politik und ein Streit um den Zeitplan

Wie Euronews feststellt, steht das Ziel, russische LNG-Importe bis 2027 zu beenden, auf der Agenda der EU-Spitzen und könnte Rechtsstreitigkeiten mit Lieferanten auslösen. In der Praxis bedeutet das mehrere Verhandlungsrunden, um Verträge zu kündigen, zu ersetzen oder abzumildern — und dies mit dem Plan der Kommission für einen vollständigen Ausstieg aus russischen fossilen Energien zu synchronisieren.


  • Über drei Jahre LNG-Geschäft hat Moskau Milliarden an Steuereinnahmen erhalten — Mittel, die Greenpeace in konkrete Waffensystem-Äquivalente übersetzt.
  • Russische LNG-Verträge bleiben in Kraft, die EU will Importe jedoch bis 2027 auslaufen lassen — mit Prozessrisiken und zusätzlichen regulatorischen Schritten.
  • Die Abhängigkeit ist nicht verschwunden, sondern hat sich verlagert: US-LNG-Einfuhren wachsen auf Basis ähnlich langlaufender Vereinbarungen.
  • Die Agenda umfasst nicht nur Lieferanten-Diversifizierung, sondern die Senkung der Gasnachfrage selbst durch einen beschleunigten Umstieg auf erneuerbare Energien — genau darauf drängt Greenpeace.

Dieser Artikel wurde auf Grundlage von bei Euronews veröffentlichten Informationen erstellt. Der vorliegende Text stellt eine eigenständige Bearbeitung und Interpretation dar und erhebt keinen Anspruch auf die Urheberschaft der ursprünglichen Inhalte.

Das Originalmaterial ist unter folgendem Link einsehbar: Euronews.
Alle Rechte an den ursprünglichen Texten liegen bei Euronews.

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