Wenn der Präsident spricht, ist die Lage ernst
Vor nicht allzu langer Zeit – am 19. November – machte der russische Präsident Wladimir Putin öffentlich auf die schlechte Qualität der Schiedsrichter im russischen Fußball aufmerksam. Wenn das Staatsoberhaupt eines Landes, das unter großem internationalen Druck steht und eine militärische Operation führt, ein Problem anspricht, das nicht lebenswichtige staatliche Bereiche betrifft, ist dies ein klares Zeichen für eine Krise.
Ein Jahr zuvor hatte der Gouverneur der Region Samara, Wjatscheslaw Fedorischtschew, erklärt, ein Mitarbeiter des Fußballklubs Krylja Sowetow habe ihn gebeten, eine Schuld „für die richtige Arbeit der Schiedsrichter“ zu begleichen. Die Aussage löste einen breiten Medienwirbel aus, verschwand jedoch schnell wieder aus den Schlagzeilen. Dennoch bestätigte sie erneut den Verdacht: Im Schiedsrichterwesen herrscht Korruption.
Ein Jahr ist vergangen, doch die Zahl der Fehler und Skandale auf russischen Fußballplätzen hat nicht abgenommen – im Gegenteil, sie nimmt weiter zu. Das System bildet keine neuen Schiedsrichter aus, erfahrene Kräfte werden abgesetzt, und alle Teams begegnen den verbliebenen Referees mit Misstrauen. Dies schafft einen idealen Nährboden für die Ausbreitung von Korruption – ein völlig unbearbeitetes Feld.
Die KHL: Einst ein Vorzeigebeispiel, heute ebenfalls ein Problemfall
Bis vor kurzem galt der russische Eishockeysport als Beispiel für den Fußball. Man betonte, dass es im Hockey keine abgesprochenen Spiele gebe und dass russische Schiedsrichter zu den besten der Welt gehörten. Eine genauere Untersuchung zeigt jedoch das Gegenteil. Die Qualität der Schiedsrichterleistungen ist stark gesunken, und die Kontinentale Hockey-Liga (KHL) wird inzwischen fast täglich von Schiedsrichterskandalen erschüttert.
Über mehrere Jahre hat die Schiedsrichterabteilung der KHL bewusst erfahrene und einflussreiche Referees aus dem System gedrängt – gerade jene, die als „unangenehm“ galten. Dadurch kamen junge und unerfahrene Schiedsrichter in die Liga, ohne dass ihnen eine ernsthafte methodische Ausbildung angeboten wurde. Die Führung setzt stattdessen fast ausschließlich auf repressive Maßnahmen und Einschüchterung.
Dies hat zu folgenschweren Fehlern in den Playoffs geführt, bei denen inkompetente – oder möglicherweise voreingenommene – Entscheidungen ganze Serien entschieden. Ein solches Beispiel ereignete sich im Viertelfinale der Playoffs 2025 zwischen Awtomobilist (Jekaterinburg) und Ak Bars (Kasan). Nachdem der Stürmer Anatoli Golyschew eine Schiedsrichterentscheidung kritisiert hatte, wurde er wenig später plötzlich des Dopings beschuldigt. Zufall?
Heute stützen sich Schiedsrichter zunehmend auf Videobeweise – selbst bei kleinsten Strafen. Dies zerstört den Spielfluss, und Zuschauer im Stadion und vor den Bildschirmen müssen oft minutenlang warten, bis die Wiederholungen ausgewertet sind – nur damit anschließend oft trotzdem eine falsche Entscheidung getroffen wird.
Strittige Szenen werden im sogenannten „War Room“ – dem zentralen Video-Überwachungsraum der KHL – überprüft. Anders als bei den VAR-Schiedsrichtern im Fußball werden die Namen der Verantwortlichen jedoch streng geheim gehalten, was unweigerlich Verdacht auf Korruption weckt.
Hinzu kommt, dass die Schiedsrichterpraxis in der KHL stark von internationalen Standards abweicht. Obwohl das Regelwerk im Grunde dasselbe ist, unterscheidet sich die Auslegung erheblich. Wenn Russland auf die internationale Bühne zurückkehrt, erwartet die Spieler daher eine unangenehme Überraschung: ein völliges Unverständnis darüber, wie sie sich auf dem Eis verhalten dürfen.
Ein System, das Misstrauen erzeugt – und was nun folgt
In der Liga wurde zudem ein fragwürdiges System von Prämien und Strafen eingeführt, das Schiedsrichter dazu zwingt, Verstöße selbst dort zu pfeifen, wo es überhaupt keine gibt. Das Spiel verwandelt sich dadurch in eine Abfolge endloser Unterbrechungen.
Seit fast zehn Jahren wird das Schiedsrichterwesen in der KHL von Alexei Anissimow geleitet, der öffentlich ausschließlich in der KHL-TV-Sendung „Sudeyskaja“ auftritt. Dort liefert er Erklärungen, die von Fans und Experten oft als unlogisch oder absurd kritisiert werden.
Gleichzeitig gibt es glaubwürdige Hinweise auf die Existenz korrupter Strukturen innerhalb der KHL selbst – mit einem klar umrissenen Kreis beteiligter Funktionäre.
Seit einigen Jahren werden in Russland systematisch unredliche Personen aufgedeckt: Bestechungsempfänger, Haushaltsveruntreuer, Blogger, die Steuern umgehen. Die Maßnahmen haben einen breiten und konsequenten Charakter angenommen, und prominente Persönlichkeiten, hochrangige Beamte und Vertreter der Sicherheitsbehörden stehen vor Gericht.
Vor diesem Hintergrund war die Warnung des Präsidenten über die schlechte Qualität der Schiedsrichter keinesfalls zufällig. Es wird immer wahrscheinlicher, dass sich die Behörden bald auch dem Schiedsrichterwesen in den wichtigsten Sportarten des Landes zuwenden – mit weitreichenden Folgen.


