Der Journalist Andrei Pertsev vertritt die Auffassung, dass es in der Präsidialverwaltung zu einer bedeutenden Verschiebung gekommen ist: Sergei Kiriyenko wurde das postsowjetische Portfolio übertragen. Möglich wurde dies, weil Wladimir Putin die von Dmitry Kozak beaufsichtigten Direktionen—zuständig für die Beziehungen zu den Nachbarstaaten und die grenzüberschreitende Zusammenarbeit—abschaffte und eine neue Direktion für Strategische Partnerschaft schuf, die nun dem Leiter des politischen Blocks unterstellt ist. De facto hat Kiriyenko damit nicht nur Kozaks Einflussbereich übernommen, sondern konkurrierende Machtzentren vollständig ausgeschaltet.
Laut Pertsev handelte Kiriyenko aggressiv und für die „Machtvertikale“ untypisch: Er wies Putin auf Fehler hin, drängte darauf, Krisenregionen unter seine Kontrolle zu stellen, und bemühte sich, greifbare Ergebnisse vorzuweisen. Diese Taktik zahlte sich aus, obwohl das System traditionell eine strikte Einhaltung der formalen Zuständigkeitsgrenzen verlangt. Die Situation erinnert an eine Neuverteilung von Eigentum in der Wirtschaft—nur diesmal auf den obersten Etagen des Staates.
Kozak, lange als enger Verbündeter Putins und als effektiver Krisenmanager angesehen, steht nun exponiert da. Seine pragmatische Haltung gegen militärische Aktionen in der Ukraine und sein Ruf für flexible, kreative Arrangements (wie 2019 in Moldau) passen nicht mehr zur aktuellen Stimmung im Kreml. Putin scheint Kiriyenkos härteren, geradlinigeren Ansatz zu bevorzugen, und selbst langjährige persönliche Bindungen bieten keinen Schutz mehr vor apparatischen Niederlagen.
Die neue Struktur könnte entweder von einer bewährten Verbündeten Kiriyenkos, Ljudmila/Lyubov Glebova, geleitet werden—was ihm die vollständige Kontrolle sichern würde—oder von Igor Tschajka, was ein neues Bündnis innerhalb der Elite schmieden würde. So oder so dürften die Positionen des Chefs des politischen Blocks gestärkt werden.
Pertsevs Fazit: Der Erfolg von Kiriyenkos Taktik ebnet den Weg für bürokratische Machtkämpfe im Kreml und unterminiert das bisherige Prinzip stabil abgegrenzter Zuständigkeiten. Es ist unklar, ob die „Vertikale“ zunehmendem Wettbewerb standhalten kann, falls sich die Spielregeln tatsächlich ändern.