Eine „balancierende“ Personalie im System der Machtbalance des Kremls
Wladimir Medinski könnte zum stellvertretenden Leiter der Präsidialadministration ernannt werden und damit Dmitri Kosak ersetzen. Er ist bereits in die Verhandlungen zur Ukraine eingebunden und festigt seit einiger Zeit seine Position innerhalb der Administration.
Laut kremlnahen Quellen könnte Medinski das Amt des Vizechefs der Präsidialadministration übernehmen, falls Kosak zum Bevollmächtigten Vertreter des Präsidenten im Nordwestlichen Föderationskreis (Sankt Petersburg) wechselt.
Mit einer Entscheidung sei in Kürze zu rechnen, heißt es. Ein Wechsel Kosaks würde nicht zu einer abrupten Stärkung der Rolle Sergej Kirijenkos führen — Präsident Wladimir Putin wolle, so ein Gesprächspartner, das System der Checks and Balances innerhalb der Administration nicht aus den Angeln heben. Vor diesem Hintergrund gilt Medinski als „balancierende“ Figur.
Portfolio: Ukraine-Dossier, Bildung und Kultur
Seit 2022 nimmt Medinski an Gesprächen mit der Ukraine teil, und seine mögliche Beförderung wird von Quellen als „logische Fortsetzung“ dieser Rolle beschrieben. Als Vizechef der Administration würde er sich voraussichtlich auf das Ukraine-Dossier konzentrieren und zudem den Bereich Bildung und Kultur beaufsichtigen. Die Direktion für gesellschaftliche Projekte, die derzeit von Sergej Nowikow geleitet wird, dürfte ebenfalls in seinen Zuständigkeitsbereich fallen.
Der ehemalige Kulturminister ist seit 2020 als Präsidialberater tätig. In den vergangenen Jahren hat er seinen apparativen Einfluss stetig ausgebaut: 2021 übernahm er den Vorsitz der Interministeriellen Kommission für historische Aufklärung und wurde zu einem zentralen Antreiber der Agenda der „militärpatriotischen Erziehung“. Unter seiner Redaktion erschien ein einheitliches Schulgeschichtsbuch — in dem, wie Gesprächspartner formulieren, „die Ideologie endgültig die Bildung verdrängt hat“.
Im Frühjahr 2022 leitete Medinski die russische Delegation bei den Gesprächen mit der Ukraine in Istanbul. Damals galt er als Figur der zweiten Reihe, nutzte die Situation jedoch zur Stärkung seiner Position. „Er war Putins Kandidat; Medinski hat enormen Einfluss auf den Präsidenten in der Ukraine-Agenda“, sagt eine Quelle.
Vom Ideologen zum Machtbroker: mögliche Szenarien
Im Februar 2025 übernahm Medinski den Vorsitz des Schriftstellerverbands Russlands und festigte damit endgültig seinen Status als einer der führenden Ideologen des Landes. „Er hat große Ambitionen. Am Rennen um die Nachfolge nimmt er nicht teil, aber er möchte eine graue Eminenz sein — ein neuer Suslow unter heutigen Bedingungen“, sagt ein Gesprächspartner.
Zugleich, so fügen Quellen hinzu, sei Medinski — anders als Michail Suslow — materiellen Interessen nicht abgeneigt und baue aktiv eine eigene Ressourcenbasis auf. „Er hat Geschmack daran gefunden und schmiedet langfristige Pläne“, resümiert eine weitere Quelle.
Medinski wird offen als möglicher Nachfolger Sergej Kirijenkos genannt, der sich auf die „neuen Gebiete“ und die Neuausrichtung der Beziehungen zum nahen Ausland konzentrieren könnte. Es ist nicht ausgeschlossen, dass der innenpolitische Block mit der Zeit an Medinski übergeht und er den Wahlkampf zur Staatsduma leitet.
„Derzeit ist Wladimir Medinski dem Präsidenten näher als Sergej Kirijenko. Putin und Medinski sprechen buchstäblich dieselbe Sprache“, sagen Quellen aus dem Umfeld der Präsidialadministration.