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Ukrainische Seedrohnen gegen Putins „Schattenflotte“: Eskalation im Schwarzen Meer

3 Min. Lesezeit
Angriff auf die »Kairos«
Angriff auf die »Kairos«: Eine Drohne wie ein zu groß geratenes Spielzeugboot Foto: AFP via Der Spiegel

Wie Drohnen zu strategischen Waffen werden

In dieser Woche veröffentlichten die ukrainischen Geheimdienste ein kurzes, aber eindrucksvolles Video: Eine kleine Seedrohne rast auf das Heck des Tankers Kairos zu, Sekunden bevor eine gewaltige Explosion das Schiff in Flammen hüllt. Der „Sea Baby“, wie die ukrainischen Streitkräfte diesen Drohnentyp nennen, wirkt zwar fast wie ein Spielzeug, erreicht jedoch Geschwindigkeiten von bis zu 90 Kilometern pro Stunde und trägt genug Sprengstoff, um den Rumpf eines großen Schiffes zu durchschlagen.

Laut Kyjiw gehörte das Ziel zur sogenannten „Schattenflotte“ Russlands – einem informellen Netzwerk alternder Schiffe, die zur Umgehung von Sanktionen und zum Transport russischen Öls eingesetzt werden. „Das ist ein bedeutender Schlag gegen das russische Ölexport-System“, erklärte ein Vertreter des SBU gegenüber Reuters.

Routen zur Umgehung der Sanktionen

Ukrainischen Angaben zufolge waren beide Tanker auf dem Weg zum Hafen von Noworossijsk, um dort russisches Öl zu laden und anschließend die Herkunft der Fracht bei der Durchfahrt durch europäische Gewässer zu verschleiern. Häufig dienen die Flaggen kleiner westafrikanischer Staaten dabei als Tarnung.

Obwohl die Schiffe leer unterwegs waren, warnen Experten, dass die Umweltrisiken für das Schwarze Meer „extrem hoch“ waren.

Ungewöhnliche Geografie der Angriffe: von Senegal bis zur Türkei

Im selben Zeitraum kam es zu zwei weiteren Vorfällen vor den Küsten Senegals und der Türkei. In beiden Fällen wurden Tanker durch Explosionen beschädigt. Die türkische Reederei Besiktas Shipping teilte mit, dass eines ihrer Schiffe angegriffen worden sei, während es Sonnenblumenöl von Russland nach Georgien transportierte.

Kyjiw weist jede Beteiligung zurück. „Die Ukraine hat mit diesem Vorfall nichts zu tun“, erklärte das Außenministerium und bezeichnete die russischen Vorwürfe als „inszenierte Provokation“.

Dennoch zeigt die geografische Ausdehnung der Ereignisse, dass der Kampf um russische Ölströme sich zunehmend über das Schwarze Meer hinaus ausweitet.

Warum die „Schattenflotte“ zum Schlüsselziel geworden ist

Wie Der Spiegel berichtet, steht die Ukraine derzeit unter größerem Druck als je zuvor seit Beginn des Krieges. Präsident Wolodymyr Selenskyj sieht sich Versuchen von US-Präsident Donald Trump gegenüber, Kyjiw zu einem für die Ukraine ungünstigen Friedensabkommen zu drängen, während Russland seine Offensive fortsetzt. Die europäischen Verbündeten, die lange als zuverlässigste Partner galten, tun sich schwer, eine gemeinsame Position zu finden.

Vor diesem Hintergrund bleiben die Öleinnahmen des Kremls die zentrale Finanzquelle des Krieges. Trotz Preisdeckeln, Embargos und inzwischen 19 Sanktionspaketen der EU gelangt russisches Öl weiterhin auf die Weltmärkte. Möglich macht das die „Schattenflotte“ – Hunderte alter, schlecht gewarteter Tanker unter Drittstaatenflaggen, oft ohne Versicherungsschutz.

Deshalb erscheint es laut Der Spiegel folgerichtig, dass die Ukraine diese Schiffe ins Visier nimmt: Russland zerstört seit drei Jahren gezielt die ukrainische Energieinfrastruktur – Kyjiw reagiert nun mit einer symmetrischen Antwort.

Eine völkerrechtliche Grauzone und wachsende internationale Kritik

Aus völkerrechtlicher Sicht ist die Lage komplex. Angriffe auf russische Kriegsschiffe wären legitim, doch Tanker unter fremder Flagge zu treffen ist wesentlich heikler. Besonders brisant wird es, wenn solche Attacken in den Hoheits- oder Wirtschaftszonen von Staaten erfolgen, die nicht Teil des Konflikts sind.

Genau das löste eine scharfe Reaktion aus Ankara aus. Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan bezeichnete die ukrainischen Operationen als „gefährliche Eskalation“ und erklärte:

„Wir können Handlungen nicht akzeptieren, die die Sicherheit der Schifffahrt und die Umwelt gefährden – insbesondere in unserer eigenen Wirtschaftszone.“

Die Türkei ist NATO-Mitglied, pflegt jedoch weiterhin aktive Kontakte sowohl zu Moskau als auch zu Kyjiw und empfängt regelmäßig Delegationen beider Seiten.

Auch Kasachstan zeigt sich unzufrieden

Auch andere Partner Russlands äußerten Unmut. Kasachstan kritisierte scharf den Angriff auf die Infrastruktur des Kaspischen Pipeline-Konsortiums (CPC) in Noworossijsk, über das jährlich rund ein Prozent des weltweiten Ölhandels abgewickelt wird.

In einer Erklärung des kasachischen Außenministeriums heißt es:

„Dies ist bereits der dritte Angriff auf eine zivile, durch internationales Recht geschützte Anlage.“

Für Astana bergen solche Ereignisse unmittelbare wirtschaftliche Risiken: Die kasachischen Ölexporte hängen entscheidend vom CPC ab.

Moskau reagiert mit Drohungen

Mit der Häufung der Angriffe bezeichnete Wladimir Putin die Schläge gegen die Tanker als „Piraterie“ und kündigte an, die Angriffe auf ukrainische Häfen und Schiffe zu verstärken. Er warnte zudem, Russland könne beginnen, Schiffe von Staaten ins Visier zu nehmen, die die Ukraine unterstützen.

Die Verwendung des Begriffs „Piraterie“ ist bemerkenswert. Im Völkerrecht gilt ein „Pirat“ als Feind der gesamten Menschheit. Analysten betonen, dass der Kreml versucht, sich als Hüter der globalen Ordnung darzustellen – während er selbst seit 2022 gegen das internationale Recht verstößt.

Folgen: Geschäfte mit dem Kreml werden riskanter

Einige Unternehmen ziehen bereits Konsequenzen. Die türkische Reederei Besiktas Shipping kündigte an, sämtliche Russland-bezogenen Aktivitäten einzustellen, nachdem einer ihrer Tanker vor der Küste Senegals beschädigt worden war.


Dieser Artikel wurde auf Grundlage von bei Der Spiegel veröffentlichten Informationen erstellt. Der vorliegende Text stellt eine eigenständige Bearbeitung und Interpretation dar und erhebt keinen Anspruch auf die Urheberschaft der ursprünglichen Inhalte.

Das Originalmaterial ist unter folgendem Link einsehbar: Der Spiegel.
Alle Rechte an den ursprünglichen Texten liegen bei Der Spiegel.

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