Russlands seegestützte Rohölexporte der vergangenen vier Wochen liegen weiterhin auf einem 16-Monats-Hoch — im Durchschnitt 3,62 Mio. Barrel/Tag bis 28. September. Der gleitende Vier-Wochen-Durchschnitt, basierend auf Tanker-Tracking-Daten, bildet den Trend besser ab als volatile Wochenzahlen.
Druck aus Washington und die Reaktion der Käufer
Trotz politischen Drucks von Präsident Donald Trump, der sich an zentrale Importeure — Indien, die Türkei, Ungarn und die Slowakei — richtet, haben diese Länder es nicht eilig, auf russisches Rohöl zu verzichten.
- Indien zeigt nach Monaten diplomatischer Signale keine Bereitschaft, die Käufe zu drosseln. Unter Berufung auf Bloomberg teilten Beamte in Neu-Delhi Washington mit, dass eine spürbare Reduzierung der Importe russischen Öls Ersatzmengen von den sanktionierten Iran und Venezuela erfordern würde.
- China, der größte ausländische Abnehmer russischer Sorten, hat öffentlich erklärt, die Energiekooperation mit Moskau vertiefen zu wollen. Anfang September signalisierte das chinesische Handelsministerium, die nationalen Interessen zu schützen, nachdem die USA die G7 drängten, die Zölle auf chinesische Waren auf bis zu 100 % anzuheben (so Bloomberg).
Indien: Zollhebel und „graue“ Routen
Im August belegten die USA die Ausfuhren Indiens mit einem zusätzlichen Zoll von 25 % — ein Hebel, der Neu-Delhi dazu bewegen sollte, Käufe russischen Rohöls zurückzufahren. Formal sanken die Mengen auf Tankern, die indische Häfen als Endziel ausweisen, deutlich; zugleich stiegen die Volumina von Ladungen ohne deklarierte Bestimmung jenseits des Suezkanals kräftig. Ein erheblicher Teil dieser Fracht dürfte dennoch in indischen Raffinerien landen.
Unabhängig davon gelang es Nayara Energy Ltd. — einem von der EU sanktionierten indischen Raffinerieunternehmen — zwei Monate nach der Listung, die Tätigkeit teilweise wieder hochzufahren, indem es sich noch stärker auf russisches Rohöl im Rohstoffmix stützte.
Europa: Pipeline-Pragmatismus
Ungarn und die Slowakei — beide stark von Pipeline-Lieferungen abhängig — wiesen Aufforderungen, die Käufe zu stoppen, zurück.
- Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán argumentierte, ein Stopp der Pipelineimporte würde das BIP um rund 4 % unmittelbar verringern.
- Der slowakische Präsident Peter Pellegrini äußerte sich ähnlich und verwies auf technische Zwänge sowie eine begrenzte Kapazität alternativer Routen.
Türkei: Stabile Importe
Auch bei der Türkei gab es für Washington kaum Fortschritte: Das Land importiert weiterhin rund 300.000 Barrel/Tag russisches Rohöl.
Kriegsfaktor: Angriffe auf Raffinerien und Umlenkung der Ströme
Anhaltende ukrainische Drohnenangriffe auf russische Raffinerien führen dazu, dass Rohöl aus beschädigten Verarbeitungsanlagen zu Exportterminals umgeleitet wird. Das dürfte den Ausfuhrschub der letzten Wochen zusätzlich gestützt haben. Grenzen bleiben jedoch: Die freie Kapazität an Russlands Rohölexportterminals könnte sehr begrenzt sein, was das Potenzial für weiteres Wachstum direkter Verladungen bei einer Eskalation der Angriffe begrenzt.
Wochenüberblick der Verladungen
In der Woche bis 28. September luden 36 Tanker insgesamt 26,75 Mio. Barrel russisches Rohöl — nach 23,69 Mio. Barrel auf 31 Schiffen in der Vorwoche.
- Primorsk (Ostsee) hielt sich bei rund 1,25 Mio. Barrel/Tag auf 12 Tankern, nahe eines Rekords.
- Kozmino (Pazifik) erholte sich nach einer viertägigen Verladepause in der Vorwoche.
Exporterlöse und Preisdifferenzen
Die bruttoen Wochenerlöse aus dem Export stiegen bis 28. September um etwa 240 Mio. US-$ auf 1,57 Mrd. US-$ und erreichten ein Drei-Wochen-Hoch (Bloomberg-Schätzungen).
Preise nach Sorte (laut Argus Media):
- Urals, Ostsee: + 1,80 US-$/bbl, im Schnitt 56,38 US-$/bbl.
- Urals, Schwarzes Meer: + 1,80 US-$/bbl, im Schnitt 56,59 US-$/bbl.
- ESPO (Pazifik): – 0,30 US-$/bbl, im Schnitt 62,65 US-$/bbl.
- Geliefert Indien: + 1,90 US-$/bbl auf 67,18 US-$/bbl, der höchste Wert seit acht Wochen.
Gleitende Vier-Wochen-Durchschnitte:
- Urals, Ostsee: 55,00 US-$/bbl (+ 0,50 US-$/bbl).
- Urals, Schwarzes Meer: 55,22 US-$/bbl (+ 0,40 US-$/bbl).
- ESPO, Pazifik: 62,80 US-$/bbl (– 0,40 US-$/bbl).
Auf gleicher Basis blieben die durchschnittlichen Wochenerlöse gegenüber dem Zeitraum bis 21. September nahezu unverändert bei rund 1,46 Mrd. US-$.
Flussgeografie: Asien, Indien, Türkei, Syrien
Asien bleibt der wichtigste Absatzmarkt. Die kombinierten sichtbaren Lieferungen an asiatische Kunden (einschließlich Ladungen ohne angegebenen Endhafen) stiegen in den 28 Tagen bis 28. September auf 3,23 Mio. Barrel/Tag, nach 3,19 Mio. Barrel/Tag im vorherigen Vier-Wochen-Zeitraum — der höchste Wert seit Mai 2024.
Indien. Auf den ersten Blick sanken die Volumina, die direkt in indische Häfen gehen, im Vier-Wochen-Schnitt auf 960.000 Barrel/Tag. Allerdings befinden sich über 1 Mio. Barrel/Tag auf Tankern ohne deklariertes Endziel — genug, um den Trend wieder in Richtung Indien kippen zu lassen. Markthinweise deuten darauf hin, dass indische Raffinerien nicht vorhaben, sich von russischen Sorten abzuwenden: Käufe für November–Dezember dürften aktiv bleiben, wenn auch unter den Rekordspitzen der letzten Jahre.
Aufschlüsselung der „nicht deklarierten“ Ladungen:
- Rund 800.000 Barrel/Tag befinden sich auf Schiffen aus russischen Westhäfen mit Port Said/Suez als Wegpunkt sowie auf pazifischen Verladungen ohne klares Lieferziel.
- Weitere ~240.000 Barrel/Tag sind auf Tankern, die überhaupt kein Ziel signalisieren.
Türkei. Der Vier-Wochen-Durchschnitt stieg auf ~340.000 Barrel/Tag leicht an.
Syrien. Die Lieferungen sanken auf ~35.000 Barrel/Tag.
Die Bemühungen Washingtons, globale russische Ölströme mittels Zoll- und Politdruck umzulenken, haben bislang keinen strukturellen Wandel bewirkt. Asien festigt seine Rolle als Hauptabsatzmarkt, während ein Teil der Barrel in flexible Logistikketten mit verzögerten Zielangaben „verschwindet“. Angesichts begrenzter freier Terminalkapazitäten dürfte weiteres Wachstum seegestützter Ausfuhren davon abhängen, wie intensiv die Angriffe auf russische Raffinerien werden — und in welchem Ausmaß Käufer Preis- und Sanktionsrisiken zu tragen bereit sind (laut Bloomberg; Preisindikatoren — Argus Media).
Dieser Artikel wurde auf Grundlage von bei Bloomberg veröffentlichten Informationen erstellt. Der vorliegende Text stellt eine eigenständige Bearbeitung und Interpretation dar und erhebt keinen Anspruch auf die Urheberschaft der ursprünglichen Inhalte.
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